Am Tag davor
Im Dezember 1974 kommen bei einem Grubenunglück in Liévin-Lens in Frankreich 42 Bergleute ums Leben. 40 Jahre danach hat der Fernfahrer Michel Flavent den Tod seines Bruders noch immer nicht verwunden. Als seine Frau an Krebs stirbt, bricht er seine Zelte in Paris ab und kehrt in den Ort seiner Kindheit im Norden Frankreichs zurück. Er ist getrieben vom Zwang, die Schuldigen zur Verantwortung zu ziehen. Bei seiner Suche muss er feststellen, dass sich Gewissheiten auflösen und die Erinnerung trügt. Seine Rolle in dem Drama ist eine andere, als er jahrelang geglaubt hat. Durchbrochen von häufigen Rückblenden stellt die Geschichte eines unzuverlässigen Erzählers den Leser/-innen die Frage nach der Wahrheit. Der ungeheuer spannende Roman endet in einem filmreifen Gerichtsprozess, bei dem sich Flavent wegen eines Mordversuchs auf der Anklagebank befindet. - Der französische Schriftsteller und Journalist Chalandon wählt für seine Geschichten häufig einen historischen Kontext. Diesen Roman hat er den 42 verunglückten Bergleuten der Zeche Saint-Amé gewidmet. Chalandon ist eine Bereicherung für alle Büchereien. Unbedingt einstellen!
Susanne Emschermann
rezensiert für den Borromäusverein.
Am Tag davor
Sorj Chalandon ; aus dem Französischen von Brigitte Große
dtv (2020)
315 Seiten
kt.