An den Mauern des Paradieses

Ein kanadischer Orientalist macht sich am Persischen Golf auf Spurensuche nach Tontafeln, die zurück zum multireligiösen Mythos vom Paradiesgarten führen sollen. Zugleich soll er, was Bedingung für seine Forschungen ist, die verschwundene Tochter An den Mauern des Paradieses eines mächtigen Bauleiters vor Ort aufspüren. Aus dieser Konstellation entwickelt sich ein spannender und religiös hochmusikalischer Abenteuerroman mit einem sich utopisch ausweitenden Horizont, vor dem sich globale Migration, Klimakatastrophe, Terrorismus und menschliche Allmachtsphantasien - ganz wie im Garten Eden eben - abspielen. Der Roman ist gut geschrieben, eigentlich zu gut, um ihm den Namen des unbekannten Autors, Martin Schneitewind, unbesehen abzukaufen. Über den gibt es nämlich keinerlei Informationen außer auf der Verlagsseite, im Klappentext - und in den Nachworten, die Michael Köhlmeier und Raoul Schrott, ihrerseits versierte Schriftsteller, zu dem Roman beigesteuert haben. Da erfährt man, dass Köhlmeier Martin Schneitewind aus der Marburger Studentenzeit her kennt und das Romanmanuskript, das der Autor mit seinem berühmten italienischen Mentor Dino Buzzati verfasst und ihm später entwendet habe, im Herbst 2015 von seiner, also Schneitewinds Witwe bekommen habe. Eine Nagelprobe also auf die Zuverlässigkeit der Fiktion und die Nachlässigkeit unserer Wahrheitszweifel beim Lesen von Romanen, wie es das XXV. Kapitel nahelegt? Wie dem auch sei, die Story ist fabelhaft und der Roman ein wahres Lesevergnügen. Sehr zu empfehlen. (Übers.: Raoul Schrott)

Michael Braun

Michael Braun

rezensiert für den Borromäusverein.

An den Mauern des Paradieses

An den Mauern des Paradieses

Martin Schneitewind
Dt. Taschenbuch-Verl. (2019)

394 S.
fest geb.

MedienNr.: 597250
ISBN 978-3-423-28187-4
9783423281874
ca. 24,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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