Johnny Ohneland

"Johnny ohne Land" ist eine Anspielung auf den erfolglosen englischen König Johann ohne Land und den heimatlosen Dichter Yvan Goll. Bei Judith Zander aber ist der Titel mehr ins Positive gewendet. Denn gerade weil ihrer Hauptfigur ein Herkunftsort Johnny Ohneland fehlt, von dem aus sie sich entwickeln könnte, ist sie auf die Erkundung ihrer inneren Landschaften angewiesen. Sie ist bisexuell, passt nicht in die heteronormative Geschlechterordnung, fühlt sich nicht als Frau. Als Kind, aufwachsend in einem mecklenburgischen Dorf im Vorwendejahrzehnt, nennt sie sich lieber Johnny statt Joana. In Finnland verliebt sie sich in einen Studenten und in eine Frau, als der Bruder Charly dazukommt, wird es kompliziert. Die letzte Station ist die Arbeit als Deutschlehrerin im Goethe-Institut in Australien, von wo aus sie in der Erzählgegenwart nach Deutschland zurückfliegt, sich dabei ihrer Erinnerungen versichernd. Das geschieht in einer suchenden, abwiegenden Sprache, in einem bohrenden Selbstgespräch. Judith Zander hat einen eindringlichen Roman über Gender bending geschrieben, über die Suche nach sexueller, familiärer und sozialer Identität beim Erwachsenwerden, über die "Fähigkeit, sich selbst zu betreten" - ein aktuelles, nicht modisches Thema. Sehr empfehlenswert.

Michael Braun

Michael Braun

rezensiert für den Borromäusverein.

Johnny Ohneland

Johnny Ohneland

Judith Zander
dtv (2020)

525 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 957099
ISBN 978-3-423-28235-2
9783423282352
ca. 25,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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