Wir waren Glückskinder - trotz allem

Der mehrfach ausgezeichnete Historiker (geb. 1947) widmet diesen authentischen Blick auf seine deutsch-jüdische Familiengeschichte seinen Enkeln, die von ihm mehr über Juden und Hitler wissen wollten, aber darüber hinaus auch allen an diesem Thema interessierten älteren Kindern und jüngeren Jugendlichen. Kenntnisreich und mit großer Empathie schildert er das tief in Deutschland verwurzelte Leben seiner Großeltern, deren beruflichen Erfolg und die damit verbundene Anerkennung, aber auch die schon vor der NS-Herrschaft vorhandenen offenen wie versteckten Ressentiments gegen jüdische Mitbürger. Nach der Machtübernahme durch die Nazis, nach wachsender Diskriminierung, Bedrohung und kompletter Enteignung im Zuge der Arisierung gelang seinen Großeltern - Karl und Recha Wolffsohn aus Berlin sowie Justus und Gretl Saalheimer aus Bamberg - mit den Kindern die Flucht aus Deutschland und das Ankommen im von Konflikten zerrissenen Britisch-Palästina (1939). Besonders hervorzuheben ist, dass der Autor nicht nur die historischen Fakten darlegt, sondern den immer noch schwer zu klärenden Fragen nachgeht und sie zu beantworten sucht: Wie fühlten sich seine Großeltern bei der Machtübernahme durch die Nazis? Warum erkannten sie und so viele andere nicht die drohende Gefahr und verließen das Land nicht rechtzeitig? Warum kehrten die Großeltern Wolffsohn - die Saalheimer Großeltern blieben in Israel - nach wenigen Jahren (1949) nach Deutschland zurück? Warum konnten viele Geflüchtete in Israel nicht heimisch werden? Auch Michael Wolffsohns Familie - seine Eltern hatten 1943 geheiratet - zog 1954 nach Deutschland - "trotz allem und nach allem" - und baute sich hier ein neues Zuhause auf, getragen von der Überzeugung: "Das Leben ist ein Geschenk. Das Leben ist schön. Das Leben ist wunderschön. Wir alle waren und sind Glückskinder." Lesenswert.