Kleine Kaiser
Aus Furcht vor einem weiteren Bevölkerungszuwachs führte die chinesische Regierung in den 80er Jahren für Paare, die in Städten lebten, die Ein-Kind-Politik ein. Die in Peking geborene und seit 1997 in London lebende Autorin Xue Xinran befasst sich in ihrem Buch mit den Auswirkungen dieses Gesetzes. Dabei schildert sie in jeweils abgeschlossenen Kapiteln die Schicksale von neun Einzelkindern, ihren Werdegang und auch die Situation derer Eltern. Durch ihr Bestreben, jungen Chinesen im Ausland zu helfen und ihr kulturelles Verständnis zu fördern, lernt sie diese näher kennen und gewinnt Einblick in ihr bisheriges Leben und ihre Vorstellungen von der Zukunft. Die Geschichten, die dabei erzählt werden, erscheinen einem westlichen Leser zunächst unglaubwürdig, doch ist erwiesen, dass die beschriebenen Schicksale keine Ausnahmefälle sind, sondern durchaus für einen großen Teil der betroffenen Kinder der Wahrheit entsprechen. Da die Eltern nur ein Kind haben dürfen, wird dieses gehegt und umsorgt, damit ihm nichts passiert. Die Fürsorge geht soweit, dass der "Kleine Kaiser" oder die "Kleine Sonne" mit keinem alltäglichen Gegenstand (z.B. Schere oder Messer) in Berührung kommen darf, da die Gefahr einer Verletzung besteht. Das Spielen mit anderen Kindern ist ihnen, ebenso wie Freundschaften, untersagt, denn sie sollen v.a. die großen Erwartungen der Eltern erfüllen, so ist allein Lernen angesagt. - Ein interessanter Einblick in eine unbekannte Welt, ab mittleren Beständen zu empfehlen.
Edith Schipper
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Kleine Kaiser
Xinran
Droemer (2016)
375 S.
fest geb.