Die Autobiographie der Zeit

Als der Tod zur Ich-Erzählerin kommt, versucht sie zu diskutieren: "Ich bin erst fünfzehn." Doch der Tod ist unerbittlich. Nun kehrt sie als "die Zeit" auf die Erde zurück. Gleichzeitig mit ihr sind Kevin, David und Shay gestorben und zu den Allegorien Die Autobiographie der Zeit "Raum", "Beständigkeit" und "Abgrund" geworden. Manchmal rufen ihre Eltern an, doch meistens ist die Verbindung schlecht, weil "die Idioten auf der Erde immer noch mit ihrem fuckigen useless WLAN und ihrem dusseligen DSL beschäftigt waren" (S. 13). - Der "Roman" ist ein poetischer Aufschrei gegen die Welt, wie sie ist, voller Aphorismen und ohne eigentliche Geschichte. Witzig ist die Diskrepanz zwischen den hehren zeitlosen Allegorien und ihrer mündlichen Umgangssprache, die sie im Hier und Jetzt verortet. Minimalistische Aquarelle von Lisa Wöhling sind zwischen die kurzen Textblöcke gestreut und lassen das Buch wie einen Gedichtband wirken. - Lilly Lindner (Jg. 1985) ist 2011 mit ihrem autobiografischen Roman "Splitterfasernackt", in dem sie ihren frühen Missbrauch, spätere Magersucht und ihre Arbeit in einem Bordell beschreibt, der Sprung auf die Bestsellerlisten gelungen, begleitet von wohlwollender Kritik. Der vorliegende Band wird in Büchereien mit Lilly-Lindner-Fans seine jungen Leser finden.

Karin Blank

Karin Blank

rezensiert für den Borromäusverein.

Die Autobiographie der Zeit

Die Autobiographie der Zeit

Lilly Lindner
Droemer (2016)

221 S. : Ill. (farb.)
fest geb.

MedienNr.: 584423
ISBN 978-3-426-30540-9
9783426305409
ca. 14,99 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
Diesen Titel bei der ekz kaufen.