Bruder Franz

Franz von Assisi ist ein Faszinosum bis heute. Dass der Echter Verlag Julien Greens Biographie des "Heiligen aus Assisi" mit dem Intimität anzeigenden Titel "Frère François" (1983 und 1991, deutsch im Verlag Herder 1990 in der Übersetzung von Hanns Bruder Franz Bücker) in sein Programm übernommen hat, parallel dazu den Roman von Nikos Kazantzakis "Mein Franz von Assisi", mag auch ein wenig dem Trend zuzuschreiben sein, aber es sind zwei Größen der Literatur zu ihrer Zeit, die sich an das Thema "Franz von Assisi" heranwagen, und die Frage, wer die Aufgabe am besten meisterte, liegt irgendwo zwischen dem Anspruch der historischen Wahrheit und dem künstlerischen Wollen und Können. Das gilt für jedes Erzählen mit einem historischen Kern, ob Chronik, Legende oder Roman. Wessen Seite neigt nun das Werk Julien Greens zu, der historischen oder der künstlerischen? Nun, beidem will der Autor Genüge tun: Unter der Hand des routinierten und zugleich von seinem Stoff faszinierten Erzählers gewinnt der Leser eine Beziehung zu der Person des Heiligen, die den Puls der Zeit des Francesco Bernardone und des Julien Green, des 13. und des 20. Jh. spüren lässt. Das Lebendige der Darstellung in vier Kapiteln, chronologisch aufgereiht wie Perlen in einer Kette in 114 Episoden, schlägt den Leser von der ersten bis zu letzten Seite in seinen Bann. Alle Perlen überstrahlend sind die letzten Episoden um den Sonnengesang: Hymne an die Freude, Mein Bruder Feuer, Der letzte Winter, Lebe wohl, Erde, Mein Bruder Tod. Da spricht der Heilige zum Poeten und der Poet zum Heiligen. Liebhaber guter historischer Romane kommen neben solchen, die die Wahrheit hinter den Erzählungen suchen, nicht zu kurz.

Hans Unterreitmeier

Hans Unterreitmeier

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Bruder Franz

Bruder Franz

Julien Green
Echter (2015)

435 S.
fest geb.

MedienNr.: 580561
ISBN 978-3-429-03811-3
9783429038113
ca. 5,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
Diesen Titel bei der ekz kaufen.