Verbrechen und kein Ende?

Der Theologe und Psychotherapeut Wunibald Müller (zuletzt "Warten auf G.", BP/mp 20/735) hat unzählige Geistliche und Laien psychotherapeutisch begleitet, darunter Täter wie Opfer sexuellen Missbrauchs. Aus diesen Erfahrungen und aus Studien wie Verbrechen und kein Ende? der von der Deutschen Bischofskonferenz in Auftrag gegebenen arbeitet er - manchmal etwas redundant - die Faktoren heraus, die solchen Missbrauch durch katholische Geistliche und die jahrzehntelange Vertuschung begünstigen. Er fordert eine radikale Umkehr, damit die Kirche wieder glaubwürdig und den Menschen eine spirituelle Heimat werden kann. Dazu gehören für ihn neben der Abschaffung des Pflichtzölibats, der Änderung der Sexualmoral, dem Ende der Ablehnung von Homosexualität und der Priesterweihe für Frauen auch grundlegende Änderungen in der Priesterausbildung und -zulassung und vor allem ein Ende des Klerikalismus (vgl. Stewen, Zwischen Kollar und Krawatte, in diesem Heft). Dabei spart er nicht mit Kritik an, auch namentlich genannten, kirchlichen Würdenträgern. Für ihn hat die Amtskirche Gott entstellt und verraten (S. 157). Ihre hierarchische Struktur und das derzeitige Kirchenrecht müssen zusammenbrechen oder zu Fall gebracht werden (wie bleibt allerdings offen), damit in der Kirche wieder die Liebe - Gott selbst - "unentstellt leuchten kann" (S. 160). Zu nicht weniger ruft er Geweihte wie Laien gemeinsam auf. Eine revolutionäre Streitschrift von einem, dem die Kirche und die Menschen am Herzen liegen und der die Hoffnung noch nicht aufgegeben hat. Zur Diskussion allen Büchereien empfohlen.

Monika Graf

Monika Graf

rezensiert für den Borromäusverein.

Verbrechen und kein Ende?

Verbrechen und kein Ende?

Wunibald Müller
echter (2020)

197 Seiten
kt.

MedienNr.: 600458
ISBN 978-3-429-05468-7
9783429054687
ca. 16,90 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Re
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