Scheidung auf Chinesisch
Die staatlich verordnete Ein-Kind-Politik bringt das Ehepaar Li Xuelian und Qin Yuhe in arge Bedrängnis, als Xuelian zum zweiten Mal schwanger wird. Um die bei einem weiteren Kind gefährdete Existenz zu retten, beschließen beide, sich zum Schein scheiden zu lassen. Nach der Geburt und einer Frist von einem Jahr wollen sie wieder zusammen leben. Die Scheidung wird ausgesprochen. Doch als Li Xuelian mit der neu geborenen Tochter zu ihrem Mann zurückkehren will, ist dieser mittlerweile mit einer anderen Frau verheiratet. In ihrer ersten Enttäuschung beabsichtigt sie, den treulosen Gatten umbringen zu lassen, doch trotz einiger Bestechungsversuche findet sich niemand, der die Tat für sie ausführen würde. Trotzdem ist sie fest entschlossen, sein Leben zu zerstören. Sie hofft, dies mit Beschwerden erreichen zu können, und klagt sich von Instanz zu Instanz. Während zunächst der Grund ihrer Beschwerde einzig ihr Ex-Mann war, wächst über die Jahre hinweg ihre Wut auf Kreisvorsteher, Bürgermeister und weitere Parteimitglieder, und sie unternimmt nun einen wahren Rachefeldzug gegen die unteren und mittleren Instanzen des Staatsapparats. - Das Buch besticht durch die Offenlegung der Korruption und der Vetternwirtschaft, in die der chinesische Parteiapparat verwickelt ist. Überzeugend werden auch der behördliche Wirrwarr und der haarsträubende Bürokratismus zur Sprache gebracht. Für Leser/innen, die an den alltäglichen Geschehnissen im heutigen China interessiert sind und etwas über die Machenschaften der Regierung erfahren wollen, durchaus zu empfehlen. (Übers.: Michael Kahn-Ackermann)
Edith Schipper
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Scheidung auf Chinesisch
Liu Zhenyun
Ehrenwirth (2016)
350 S.
fest geb.