Untertauchen
Die Protagonistin Gretel lebt einsam und abgeschieden in einem Cottage am Fluss und verdient ihren Lebensunterhalt damit, "Wörterbucheinträge zu überarbeiten". Sie hat nach langem Suchen ihre vor sechzehn Jahren verschwundene Mutter wiedergefunden und pflegt sie. Dabei erinnert sie sich an ihre Kindheit, als sie mit ihrer Mutter auf einem Hausboot irgendwo in England lebte, wo sie kaum Kontakt zur Außenwelt hatten und ihre eigene Sprache kreiert haben. Die Autorin wechselt häufig Perspektiven und Zeiten; so erfährt der/die Leser/-in vom Leben auf dem Fluss durch Marcus, der eine Zeitlang bei Mutter und Tochter auf dem Hausboot wohnt. Seine Vorgeschichte wird von einem Erzähler berichtet, während Gretel aus der Ich-Perspektive erzählt. Das erfordert hohe Aufmerksamkeit beim Lesen, lohnt sich aber wegen der grandiosen, oft mystischen Naturschilderungen und der gut gezeichneten Protagonisten Gretel, der Alleingelassenen, Sarah, der Außenseiterin, und Marcus, der seine Identität sucht. Der 2018 im englischen Original erschienene Roman der jungen Autorin stand auf der Shortlist des "Man Booker Prize". Eine faszinierende Mutter-Tochter-Geschichte.
Ileana Beckmann
rezensiert für den Borromäusverein.
Untertauchen
Daisy Johnson ; aus dem Englischen von Birgit Maria Pfaffinger
btb (2020)
301 Seiten
kt.