Notlügen
Sechs Geschichten und mindestens sechs Lügen, um eine Beziehung anzubahnen, zu erhalten oder zu verschleiern. Der schwedische Autor erzählt von einem Mann in einer fremden Stadt, seine Frau ist zu Hause zurückgeblieben; er ist einsam und sucht Nähe
in der Affäre mit einer fremden Frau, vermutet, dass auch seine Ehefrau nicht allein bleibt. Auch in der zweiten Geschichte ist ein Mann allein in einer fremden Stadt, eine alte Freundin vermittelt ihm ein erotisches Treffen mit einer Bekannten, obwohl sie selbst ihn haben möchte. In der dritten Geschichte sucht ein Mann eine flüchtige Begegnung mit einer bekannten Schauspielerin, mit der er in keiner Sprache kommunizieren kann. Als er nach der gemeinsam verbrachten Nacht in seinem Hotel frühstückt, wird er auch dort nicht verstanden: Man serviert ihm statt der bestellten Eier eine gebratene Fledermaus. Eine weitere Geschichte thematisiert die Art eines Mannes, sich vor einer Frau zu produzieren - natürlich lügt er, um ein attraktives Bild von sich zu zeichnen. Sie ihrerseits ist politisch engagiert und hofft, den Mann ändern zu können. In einer Geschichte steht eine Frau im Mittelpunkt: Sie wird 20 Jahre nach der Niederschlagung des Prager Frühlings damit konfrontiert, dass ihr früherer Ehemann ein Spitzel und ihre Ehe nur ein Lügengebäude war. In der letzten Geschichte betrügt ein Mann gleichzeitig Ehefrau und Geliebte und wird entlarvt. - Richard Swartz erzählt teils ernste, teils komische und surreale Geschichten von Lug und Betrug zwischen den Geschlechtern. Seine Figuren bleiben gesichtslos und anonym. Sie begegnen sich, sie schlafen miteinander, aber sie bleiben davon unberührt. Hinter den Geschichten steht unausgesprochen die Frage, ob Liebe und Beziehung überhaupt möglich sind. Lesern mit Interesse an Beziehungsproblemen empfohlen. (Übers.: Verena Reichel)
Ileana Beckmann
rezensiert für den Borromäusverein.

Notlügen
Richard Swartz
Hanser (2012)
223 S.
fest geb.