Mein Glück

Er besuchte Max Ernst in seinem Landhaus in Seillans, Picassos spektakuläres Atelier in Mougins, er traf Samuel Beckett, verkehrte in höchsten Intellektuellenzirkeln und Politikerkreisen in Paris: Werner Spies, 1937 in Tübingen geboren, ist ein Mein Glück großer deutsch-französischer Kulturbotschafter. Davon erzählt er in seinen Erinnerungen "Mein Glück" mit vielen Geschichten, Beispielen, Anekdoten. Im Kern ist es ein glücklicher Lebensberufungsweg, der den katholisch geprägten Konviktschüler 1962 aus der schwäbischen Provinz nach Paris führt. Dort gewinnt er einflussreiche Freunde und Förderer, er wird zum erfahrenen Kunstvermittler, sorgt für wegweisende Präsentationen des Surrealismus in den Metropolen und schafft es, mit seiner Ausstellung "Paris-Berlin" 1978 im Pariser Centre Pompidou - drei Jahre lang ist er Leiter des dortigen Musée National d'Art Moderne - die moderne deutsche Kunst in Frankreich wiederauferstehen zu lassen. Auch umgekehrt sorgte Werner Spies mit der Empfehlung von Hör- und Fernsehspielen französischer Autoren an den Süddeutschen Rundfunk für den Kulturtransfer der Nachbarn. Einziger Wermutstropfen ist der Kölner Fälschungsskandal um sieben mit Max Ernst signierte Ölgemälde. Die öffentliche Reaktion darauf, heißt es am Ende, verleiht dem Glück "das ,Ach!', ohne das kein Leben gelebt werden kann". - Ein virtuoser Kunstführer im mehrfachen Wortsinn, ein autobiografisches Porträt der Kulturvermittlung, manchmal vielleicht etwas zu mitteilsam, aber stets lehrreich und einladend geschrieben, sehr empfehlenswert.

Michael Braun

Michael Braun

rezensiert für den Borromäusverein.

Mein Glück

Mein Glück

Werner Spies
Hanser (2012)

605 S. : Ill.
fest geb.

MedienNr.: 364305
ISBN 978-3-446-24003-2
9783446240032
ca. 26,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Bi
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