Nachdenken über das 20. Jahrhundert

Der britische Historiker, Essayist und politische Publizist Tony Judt, der 2010 starb, hat mit seinen letzten Büchern über das "vergessene 20. Jahrhundert" und "Das Chalet der Erinnerungen" die Kritik begeistert. Kritisch, überzeugend, mit hochwachem Nachdenken über das 20. Jahrhundert Verstand: das kann man auch über das sich ein Jahr lang erstreckende Gespräch sagen, dass der an einer degenerativen Nervenerkrankung leidende Tony Judt 2009 mit dem Osteuropa-Experten Timothy Snyder geführt hat. Es ist ein Gespräch über Tony Judts Leben und Denken, über seine jüdischen russisch-polnischen Vorfahren, über den Holocaust und den Faschismus, über Antifaschismus, über den Marxismus seines Vaters, über den Zionismus und die Erfahrungen im Kibbuz, über die 1968er Zeit in Paris, die Jahre an amerikanischen und britischen Universitäten, über die soziale Frage, die ökonomischen Illusionen der Gegenwart und über die amerikanische und europäische Politik der letzten 20 Jahre. Hier spricht, inspiriert von einem einfühlsamen Gesprächspartner, eine ebenso lebenskluge wie gelehrte Stimme, ein amerikanischer "moraliste", wie die Franzosen einen Denker nennen, für den Esprit, Geistesfreiheit und Ethik keine Gegensätze sind. Geschichte, so eine der Maximen Tony Judts, darf nicht durch Erinnerung ersetzt werden, sonst ist Geschichte nicht mehr überprüfbar. - Ein lesenswertes Gespräch über die politischen Ideen des 20. Jahrhunderts, ein nachdenkliches, meinungsfreudiges Zeit-Buch im mehrfachen Sinn des Wortes. Allen größeren Beständen empfohlen.

Michael Braun

Michael Braun

rezensiert für den Borromäusverein.

Nachdenken über das 20. Jahrhundert

Nachdenken über das 20. Jahrhundert

Tony Judt mit Timothy Snyder
Hanser (2013)

412 S.
fest geb.

MedienNr.: 574668
ISBN 978-3-446-24139-8
9783446241398
ca. 24,90 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Ge, So
Diesen Titel bei der ekz kaufen.