Der Mann auf dem blauen Fahrrad
Aus dem Nachlass seines Vaters Einar H. Gustafsson, eines passionierten Amateurfotografen, hat Lars Gustafsson zehn Bilder gerettet, feine Milieustudien aus der mittelschwedischen Provinz, die des Sohnes Einbildungskraft herausgefordert haben. Entstanden ist die märchen- und rätselhafte, Ordnungen von Raum und Zeit leise auflösende Geschichte von dem empfindsamen Vertreter Janne Friberg. Der radelt als Vertreter elektrische Haushaltsgeräte durch die västmanländische Landschaft. Nach einem Unfall landet er in einem ziemlich kafkaesken Landschloss und stößt in der Bibliothek auf ein ledergebundenes Buch mit sepiafarbenen Fotos. Die wiederum entzünden eine traumartige Erzählung, die zwischen Erinnertem und Fantastischem pendelt und als Ankerstelle in der Realität allein eine herrisch-schöne Gastgeberin im Reiteroutfit haben, die für ein überraschendes Ende sorgt. Die Kamera ist ein zauberhaftes Symbol in dieser Erzählung, eines Prosperos würdig. Landschaft und Leute, Traum und inneres Reich: Selten hat das der schwedische Schriftsteller so kunstvoll und vergnügt zusammengefügt wie hier. Ein faszinierendes Spätwerk über Sehnsucht und Erinnerung. Allen Beständen empfohlen. (Übers.: Verena Reichel)
Michael Braun
rezensiert für den Borromäusverein.
Der Mann auf dem blauen Fahrrad
Lars Gustafsson
Hanser (2013)
191 S. : Ill.
fest geb.