Anleitung für eine Revolution

Nur wenige Sekunden dauerte der - je nach Sichtweise legendäre oder skandalöse - Auftritt (das nicht gegen die Religion gerichtete "Punk-Gebet") der feministischen Punkgruppe Pussy Riot am 21. Februar 2012 in der Moskauer Christus-Erlöser-Kathedrale. Was folgte, war eine kurze Flucht und ein halbjähriger politischer Prozess, der den Aktionskünstlerinnen um Nadja Tolokonnikowa zwei Jahre Lagerhaft einbrachte. Nach der - auch infolge der weltweiten Proteste - um drei Monate verkürzten Haft setzten die Autorin und andere Mitglieder von Pussy Riot ihre regimekritischen Aktionen fort. Als ein Aspekt dieses Protestes gegen Willkür, gegen politische Unterdrückung und gegen die unheilige Allianz zwischen den Repräsentanten der Russisch-Orthodoxen Kirche und dem Autokraten Wladimir Putin ist auch diese Streit- und Kampfschrift zu sehen. Es handelt sich um eine ungemein fesselnde Montage aus Gerichtsprotokollen, Erklärungen der Angeklagten, Statements von Journalisten, Politikern, Philosophen und Menschenrechtsgruppen aus Russland und aus aller Welt. Man findet eine zu allem entschlossene, ungemein reflektierte, keineswegs antichristliche (die Bibel wird mehrfach zitiert), mit den großen Philosophen der Menschheitsgeschichte vertraute junge Frau, die obwohl sie verheiratet ist und eine kleine Tochter hat, zu allem entschlossen ist: "Alles, was in der Menschheitsgeschichte irgendwie von Wert war, ist entstanden, weil jemand bereit war, sich aufzuopfern ..." (S. 181). Unbedingt empfehlenswert in einer Zeit, in der man zu Recht Materialismus, moralische Indifferenz und Werteverlust beklagt.