Die Verlegung der Stolpersteine

Um "Stolpersteine" handelt es sich tatsächlich bei diesen Gedichten. Wie über ein städtisches Trottoir geht man zunächst etwas desorientiert über diese Gedichtsammlung hinweg. Man liest die Gedichte, deren Inhalt und "Botschaft" sich zunächst Die Verlegung der Stolpersteine nicht so einfach erschließt. Dann liest man noch einmal und stolpert plötzlich über einige Wörter, Verse oder Bilder. Das Gedicht "Buchenweimar" etwa bringt den Leser ins "Stolpern". Zunächst irritiert die Zusammenfassung von Buchenwald und Weimar, die aber ungemein treffend das Echo dieser beiden Schicksalsorte der jüngeren deutschen Geschichte in ein Wort zum Klingen bringt. Von der großen "Weimarer Klassik" vernimmt man direkt ebenso wenig wie von der Existenz eines Konzentrationslagers im nahegelegenen Buchenwald. Aber man kann das Gedicht nicht lesen, ohne an diese Größe und Schande Deutschlands zu denken. "Die Glocke rief, so lief ich zu den Buchen/ zu den Büchern, auf deren Rinde/ deren Seiten nichts geschrieben stand, edel sei/ der Mensch', las ich im Sand." Wer hier nicht stolpert, hat von der deutschen Geschichte nichts gelernt. In dem Eingangsgedicht "Prager Straße" hat der in der Oberlausitz geborene und heute in Berlin lebende Dichter ost-westdeutsche Erfahrungen nach dem Mauerfall in Worte übersetzt. - Mehr "lyrische Stolpersteine" wie diese braucht das Land. Man sieht es damit "anders" und wird wieder neugieriger auf dieses Land.

Carl Wilhelm Macke

Carl Wilhelm Macke

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Die Verlegung der Stolpersteine

Die Verlegung der Stolpersteine

Tom Schulz
Hanser (2017)

119 S.
fest geb.

MedienNr.: 853818
ISBN 978-3-446-25468-8
9783446254688
ca. 18,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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