Nächtliche Wege

Der Autor ist wegen der blutigen Oktoberrevolution in Russland nach Frankreich gegangen und hat dort verschiedene Berufe ausgeübt; er war u.a. nachts Taxichauffeur und diese Erfahrung dürfte sich in dem Werk "Nächtliche Wege" widerspiegeln. Als Nächtliche Wege Taxifahrer lernt der Erzähler seine Fahrgäste in der Nacht mit ihren Sorgen, aber auch ihren Macken kennen. Er wird auch zum Beobachter ihres sozialen Umfeldes; daraus ergibt sich zusätzlich die Rolle des freien Kritikers. Verschiedene Menschentypen, darunter viele wie der Erzähler im Exil lebende Russen geben dem Geschehen eine besondere Note. Zwei davon sind Suzanne, eine schon verblühte Prostituierte, die Rat und Hilfe sucht, und sein heruntergekommener Freund Platon mit einer eher existenzialistischen, ja nihilistischen Sicht auf das Leben. Seinen Mitmenschen begegnet der Erzähler mit Mitgefühl und zugleich mit Ekel. Die darin liegende Spannung kennzeichnet seine Lebenshaltung als eine gewisse Fremdheit im Leben, weshalb Gasdanow auch als der russische Camus bezeichnet worden ist. In die Ich-Erzählung sind viele direkte Reden eingefügt, sodass die Lebendigkeit nicht bloß von den vorgestellten Lebensschicksalen herrührt. Viereinhalb Seiten Anmerkungen erläutern sonst unverständliche Ausdrücke und Passagen. Die Übersetzerin bietet zum Schluss eine kurze Einführung. Insgesamt eine unterhaltsame, interessante, aber auch provozierende Lektüre. (Übers.: Christiane Körner)

Bernhard Grabmeyer

Bernhard Grabmeyer

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Nächtliche Wege

Nächtliche Wege

Gaito Gasdanow
Hanser (2018)

286 S.
fest geb.

MedienNr.: 879798
ISBN 978-3-446-25811-2
9783446258112
ca. 23,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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