Saras Stunde

Der irakische Autor, der seit 1980 in Deutschland lebt, erzählt in diesem Roman die Entwicklung der aufgeweckten und begabten Sara in Saudi-Arabien. Der Roman beginnt mit einer schockierenden Szene, in der Sara, inzwischen Mitte 20, Rache übt an ihrem Onkel. Er setzte als Religionswächter der Ost-Provinz ihren freien Kinderjahren ein abruptes Ende, in denen sie ihren Interessen nach Herzenslaune hatte nachgehen dürfen. In der Rückschau lernen wir Sara und ihre Familie kennen. Der mal realistisch, mal eher in orientalisch-märchenhaften Bildern erzählte Roman ermöglicht einen Blick auf das Innenleben einer saudi-arabischen Familie, auf ihre Gewohnheiten, Einstellungen und Regeln. Eine bereichernde Ergänzung zu den Fernsehbildern aus einer für uns weitgehend unzugänglichen Gesellschaft. "Wer als Frau hier geboren wird, müsse den Fels mit einem Körper aus Glas sprengen. Nichts erfreue einen in diesem Land, hörte ich dich sagen", heißt es über die Situation der Frauen. Doch Najem Wali zeigt, dass auch die Männer in eine Haltung der Autoritätshörigkeit und Unfreiheit gedrängt werden. Sara wird als junge Frau in eine ungewollte Ehe mit dem Sohn des Onkels gezwungen. Auch er ein Opfer der engen Moralvorgaben. Seine wissenschaftlichen Ambitionen kann er nur im Ausland verfolgen. Nach den Anschlägen des 11. September können die beiden jungen Muslime aber auch im westlichen Ausland kein freies Leben mehr führen. Sara kehrt frustriert zurück, perspektivlos und voller Aggression. Nach dem Racheakt an ihrem Onkel sucht sie einen Weg in die Freiheit der Wüste, anknüpfend an die alte Lebenstradition des Landes. - Sehr empfehlenswert. (Übers.: Markus Lemke)