Karl oder der letzte Kommunist
Karl und seine Schwester Emilie sind typische Vertreter der 68er Generation: Geboren in den letzten Jahren des Nazi-Regimes erleben sie die Traumatisierungen ihrer Eltern, die Hitler und den Krieg überlebt haben, aber an den Folgen leiden, fast daran zu zerbrechen drohen, hautnah mit. Was beider Leben unterschiedlich prägt: Während sich Emilie mehr und mehr aufgibt und zur Randfigur der Gesellschaft wird, aber nie ihren Traum vom kleinen, persönlichen Glück verlieren möchte, wird der intellektuelle Karl zum überzeugten Kommunisten. Und bleibt dies auch, als seine Freunde und Mitstreiter der 68er Generation sich längst in einer stetig ändernden Gesellschaft zurechtgefunden und etabliert haben. Schließlich bleiben beide einsam und ausgegrenzt zurück. - Rathgebs Roman schildert nicht nur das auf den ersten Blick unspektakuläre Schicksal zweier Menschen in der zweiten Hälfte des 20. Jh., sein Buch präsentiert auch ein Stück deutscher Zeitgeschichte. Wer sich in den von inneren Monologen geprägten Roman eingelesen hat, erlebt ein Buch, das trotz allen gesellschaftspolitischen Inhalts durchaus auch eine ganz eigene innere Poesie entwickelt und auf jeden Fall zum Nachdenken anregt.
Günter Bielemeier
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Karl oder der letzte Kommunist
Eberhard Rathgeb
Hanser (2018)
266 S.
fest geb.