Wie man langsamer verliert
Vom Zweiten Weltkrieg traumatisiert kehrt Veteran Walker 1946 in die USA zurück, wo es ihn ruhelos von New York, bis nach San Francisco und Los Angeles treibt. Aber immer und überall steigen die Erinnerungen an Krieg und Gewalt, grausames und sinnloses Morden in ihm auf. Obwohl er Freiheit, Anonymität und Schutz in den Metropolen sucht, fühlt er sich fehl am Platz. Trotz der Ablenkung durch Hollywood-Filme und Jazz geht es den USA in den 40er- und 50er Jahren nicht gut. Viele Ex-Soldaten wie er sind obdachlos, es mangelt an Arbeit, Morde aus rassistischen Motiven nehmen zu, ebenso der Alkoholismus und die Vermüllung. Ganze Viertel werden für Neubauten, Parkplätze und Freeways plattgemacht und somit ist für mittellose Menschen in den alten Downtowns die Luft wie abgeschnürt. Walker hat einen schlecht bezahlten Job als Lokalreporter ergattert und schreibt über dieses kaputte Amerika und seine Verlierer. Die USA haben zwar die äußeren Feinde bezwungen, aber die eigene Seele verloren; der amerikanische Traum bröckelt. - Robertson, schottischer Autor und Träger wichtiger Preise, lässt die Leser/-innen an Walkers quasi sozialkritischer, abgründiger Reise durch eine vergangene Epoche teilhaben, ähnlich einer faszinierenden Filmkamerafahrt. Unkonventionell ist Robertsons packende Erzählweise; Episches, Romanhaftes, Lyrisches und Filmisches in einem.
Berthold Schäffner
rezensiert für den Borromäusverein.
Wie man langsamer verliert
Robin Robertson ; aus dem Englischen von Anne-Kristin Mittag
Carl Hanser Verlag (2021)
251 Seiten : Illustrationen
fest geb.