Sprache und Sein
Die Autorin zeigt anhand verschiedener Beispiele, wie sich unsere Sprache auf unsere Wahrnehmung von Raum und Zeit und auf unsere Orientierung in dieser Welt auswirkt. Die Beschäftigung mit anderen Sprachen kann dabei helfen, den Blick auf die Grenzen der eigenen Sprache zu öffnen. Sprache kann Menschen zusammenführen, sie kann Menschen aber auch ausgrenzen. Ein Hauptanliegen der Autorin besteht darin, die Wechselbeziehung zwischen Sprache und politischer Unmenschlichkeit aufzuzeigen. Die einzelnen Kapitel beschäftigen sich mit Sprache und Macht, Macht und Verantwortung, Sprache als Werkzeug und als Waffe. Die polyglotte Autorin, engagierte Muslimin, Kopftuchträgerin und liberale feministische Journalistin, erzählt von ihren Erfahrungen in Talkshows, Fernsehdebatten und Podiumsdiskussionen, von Hass im Netz, von Beschimpfungen und Bedrohungen. Mit Sorge beobachtet sie das Entstehen einer polarisierten Diskurskultur, die kaum Raum für Positionen jenseits des Lagerdenkens lässt. Ihr Fazit ist ein leidenschaftliches Plädoyer für ein neues, ein freies Sprechen, für eine Sprache, in der alle Menschen in ihrer Komplexität gleichberechtigt existieren können.
Gertrud Plennert
rezensiert für den Borromäusverein.
Sprache und Sein
Kübra Gümüsay
Hanser Berlin (2020)
206 Seiten
fest geb.