Elbwärts

Was allen in die Kindheit scheint, aber worin noch niemand war, so beschreibt Ernst Bloch die Heimat. Über die Suche nach diesem Ort, der nicht mehr zur Heimat werden kann, wenn man ihn einmal verloren hat, erzählt Thilo Krauses Romandebüt mit einer Elbwärts ungewohnten Heftigkeit. Der Erzähler kehrt in das Dorf seiner Kindheit zurück, in der sächsischen Schweiz. Er versucht dort anzuknüpfen, wo seine Jugend endete: mit einem Kletterunfall auf einem Felsriff, bei dem sein Freund Vito seinen Unterschenkel verlor. Doch über 20 Jahre später ist vieles passiert, die Mauer ist gefallen, die ehemaligen Dorfbewohner sind feindselig, dulden das Andere und Fremde nicht, Rechtsextremismus macht sich breit. Das Dorf ist keine Heimat mehr, war es vielleicht nie gewesen, denn selbst die Erinnerungen werden fremd und fern. Hinzu kommt die überschwemmende Elbe, was man dann wohl auch symbolisch lesen soll. Es bleiben dem Rückkehrer Alkohol und Illusionen, also keine Rettung. Aber das ist nicht das letzte Wort, der Erzähler schafft es, ohne Hass und Zorn von verlorenen Kindheitslandschaften zu erzählen.

Michael Braun

Michael Braun

rezensiert für den Borromäusverein.

Elbwärts

Elbwärts

Thilo Krause
Carl Hanser Verlag (2020)

206 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 601048
ISBN 978-3-446-26755-8
9783446267558
ca. 22,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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