Fanny oder Das weiße Land

Während des Ersten Weltkriegs werden die Österreicher Karl, sein Bruder Viktor, Ludwig, Eduard, Josef und der Ungar Imre von russischen Truppen gefangengenommen. In dem Gefangenenlager in Chabarowsk freunden sich die sechs Männer an und beschließen, gemeinsam zu fliehen. Hunger und Kälte werden in der unbarmherzigen Landschaft Sibiriens zum ständigen Begleiter. Karl musste in Wien seine Freundin Fanny und ihren gemeinsamen Sohn Max zurückgelassen. Auf seiner Flucht wird er stets von ihren Briefen begleitet, die er schließlich auswendiglernt, als der Briefverkehr unterbrochen wird. Die Familien zu Hause leben lange Zeit in Ungewissheit über das Überleben ihrer Männer, da Briefe zum Teil Monate brauchen, um ihre Adressaten zu erreichen. Mithilfe des künstlerischen Talents von Karl schaffen es die Männer zu überleben. Sie werden für ihre kleinen geschnitzten Holztiere und Zeichnungen von Karl mit Essen bezahlt. Nicht zuletzt bekommen sie auch häufig Hilfe von Mitmenschen, denen sie auf ihrer Flucht begegnen. Die Männer wachsen dabei, verbunden in ihrem Schicksal, zu engen Freunden zusammen. - Beatrix Kramlovsky beschreibt ihre Protagonisten und deren Erlebnisse mittels sehr bildhafter und lebendiger Sprache. Die Autorin erzählt eine fesselnde Geschichte und gibt einen interessanten Einblick in das Schicksal von tausenden Männern, welche während des Krieges in Gefangenschaft geraten sind. Zu Beginn jedes Kapitels findet sich ein Auszug aus einem Brief Fannys an Karl, welche einen Einblick in die Gefühle der Wartenden in der Heimat geben. Mit sehr viel Einfühlungsvermögen erzählt die Autorin von Sehnsucht, Angst und Hoffnung. Ein Roman "für die Liebenden und für alle, die noch nicht nach Hause gefunden haben". Sehr empfehlenswert.