Der Tod ist nicht vorgesehen
"Dass Ärzte die letzten Hüter des Lebens sind" (S. 9), aber meistens nicht ausreichend vorbereitet auf den Umgang mit todkranken Patienten, das ist für die auf Transplantationen spezialisierte Chirurgin Pauline W. Chen eine bittere Erkenntnis. Der Traum der Ausbildungszeit, Menschenleben zu retten, weicht in der Praxis der Nüchternheit: Der Tod wird verdrängt, der Arzt zieht sich im entscheidenden Moment diskret zurück, das Sterben wird entpersonalisiert. Doch die junge Ärztin entwickelt neue Sichtweisen, macht deutlich, dass eine Vielzahl von betreuenden Spezialisten den Sterbenden deshalb allein lassen kann, weil keiner die endgültige Verantwortung für die Begleitung hat. Sie beschreibt den Wendepunkt im eigenen Denken, wann sie aufhörte sich davonzustehlen, und sich für einen Richtungswechsel in Ausbildung und Richtlinien ihres Berufsstandes im Zusammenhang mit dem Thema Sterben einzusetzen begann. - Ein spannendes Votum für einen ehrlichen, würdevollen Umgang mit dem Sterben innerhalb des technisierten Klinikbetriebes und ein Plädoyer für die "Ehre, sich um jemanden sorgen zu dürfen" (S. 240). Empfohlen.
Sabine Schaefer-Kehnert
rezensiert für den Borromäusverein.
Der Tod ist nicht vorgesehen
Pauline W. Chen
Herder (2007)
255 S.
fest geb.