Zu spät
Der Benediktiner Martin Werlen, der von 2001 bis 2013 Abt des Klosters Einsiedeln war, legt mit seinem Buch eine "Provokation für die Kirche vor", die allerdings "Hoffnung für alle" impliziert. Anhand der Erzählung des Jona-Buches legt Werlen den Menschen besonders die Umkehrbewegung ans Herz. Er schreibt, es sei an der Zeit, nicht länger vor Problemen davonzulaufen, sondern sie radikal anzupacken und die Kirche mit ebendieser Radikalität zu verändern. Dabei schreckt Werlen nicht zurück, konkrete Probleme zu benennen. Das Heilsame an seinem Buch liegt dabei im Perspektivenwechsel, den er vollzieht. Er sagt, es ist nicht "fünf vor zwölf", sondern bereits "fünf nach zwölf". Der entscheidende Moment ist also bereits verpasst; kein Grund mehr, hektisch noch zu versuchen, zu retten, was noch zu retten ist. Vielmehr ist jetzt Zeit, die Probleme in Ruhe anzugehen und konsequent und beharrlich Dinge zu verändern. Martin Werlen lenkt den Blick in die Zukunft: Es ist wieder alles möglich - wenn auch in einer anderen Form als vorher. - Weil Werlen kein düsteres Bild der Kirche zeichnet, sondern eine hoffnungsvolle Umkehr einklagt, ist das Buch für alle Bestände nachdrücklich zu empfehlen.
Fabian Brand
rezensiert für den Borromäusverein.
Zu spät
Martin Werlen
Herder (2018)
192 S.
fest geb.