"Weil ich hier leben will"
"Wie ich in einen Bus stieg und Jüdin wurde", "Keine Juden mehr für Deutschland" oder "Neue religiöse jüdische Vielfalt" - so unterschiedlich wie die Titel der einzelnen Beiträge sind die jeweiligen Verfasser, die als Stipendiaten des Ernst Ludwig Ehrlich Studienwerks (ELES) die Pluralität des jüdischen Lebens in Deutschland widerspiegeln. Die Themen, die selbstkritisch und selbstbewusst gegenwärtige Positionen, aber auch immer noch gängige Klischees und Vorurteile aufgreifen und hinterfragen, zeigen die dynamischen Veränderungen, die jüdische Institutionen sowie die Gesellschaft in den letzten 30 Jahren durchlaufen haben. So verweisen z.B. Yair (geb. 1982 in Israel) und Cecilia Haendler (geb.1988 in Florenz), die in Frankreich, Italien, Israel, v.a. aber in Berlin leben, auf länderübergreifende Perspektiven und sind überzeugt, dass die hierzulande durch die Schoah verloren gegangene Kontinuität nur "mittels jüdischer Begriffe ..., durch jüdische Identitätserfahrung wie koscheres Essen oder Talmud-Tora" wieder erreicht werden kann. Greta Zelener (geb. 1990 in Odessa) erinnert an ihre eigene Migrationsgeschichte, beschreibt die große Vielfalt des Judentums in Deutschland und informiert über das breite Bildungsangebot. Im letzten Beitrag berichtet Carmen Reichert (geb. 1985 in Augsburg), als Nichtjüdin ehemalige Sprecherin des ELES, von ihren persönlichen Erfahrungen, durch die sie ein neues Judentum kennenlernte, in dem die Erinnerung an die Schoah zwar Teil der jüdischen Identität ist, das jedoch selbstbewusst in die Zukunft blickt und sich von "zugeschrieben Rollen" frei macht. - Sehr informativ und absolut lesenswert!
Inge Hagen
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
"Weil ich hier leben will"
hg. von Walter Homolka, Jonas Fegert, Jo Frank
Herder (2018)
fest geb.