Raubkind
Angeregt durch ein Buch über die SS-Familie Schäfer, die einen Jungen, Klaus B., aus einem Lebensborn-Heim als Pflegekind angenommen hatte, macht sich die Journalistin Dorothee Schmitz-Köster auf die Suche, das Schicksal dieses Kindes aufzudecken. Klaus B., inzwischen 75 Jahre alt, hat sich seit Langem damit abgefunden, über seine frühe Kindheit vor der Zeit bei den Schäfers, nichts zu wissen. Die Autorin, die sich im Buch stets "die Journalistin" nennt, findet durch Recherchen in Archiven, durch die Mithilfe des Internationalen Suchdienstes und des Polnischen Roten Kreuzes Stück für Stück heraus, dass Klaus B. 1943 in Polen als Czeslaw B. geboren und wie tausende andere polnische Kinder von "NS-Rassenspezialisten" ausgewählt, seiner Familie weggenommen und zur "Germanisierung" nach Deutschland in ein Lebensborn-Heim verschleppt wurde, von wo ihn das regimetreue Ehepaar Schäfer abholte und ihm eine neue Identität überstülpte. Neben der Offenlegung dieser Fakten geht Schmitz-Köster der Frage nach, wie es Klaus B., aber auch den anderen Opfern mit der späten Entdeckung der Wahrheit geht. Behutsam zeigt sie, wie sich bei Klaus B. Ablehnung, Wut, Scheu, Angst mit Freude, Neugier und Offenheit mischen, wie letztlich jedoch die Realität und die Gewissheit, sein bisheriges Leben trotz seiner polnischen Wurzeln weiter führen zu wollen, obsiegen. - Interessant und lesenswert!
Inge Hagen
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Raubkind
Dorothee Schmitz-Köster
Herder (2018)
269 S. : Ill., Kt.
fest geb.