Warten auf

Die alte Menschheitsfrage, wie es nach unserem Tod weitergeht, diskutieren die Schriftstellerin Sibylle Lewitscharoff und der Philosoph, Jurist und Schriftsteller Heiko Michael Hartmann. Sie bedienen sich dabei zweier Personen, die im gleichen Flugzeug Warten auf nach Nizza saßen und beim Absturz der Maschine ums Leben kamen. Die männliche Person ist skeptisch, ja voller Zweifel und versucht ihr Gegenüber, eine Gertrud Severin aus Stuttgart, mit psychologisch-semantischem Erklären in ihrer Glaubenssicherheit zu erschüttern. Diese Gertrud lässt Sympathie für Kierkegaard erkennen; sie sehnt sich nach Erlösung, um in einen erfüllten neuen Seinszustand zu gelangen. Es tauchen dann auch verschiedene Wesen auf, die sich als bekannte Schriftsteller zu erkennen geben und nach einem unbekannten Ziel weiterstreben. Gertruds männlicher Widerpart hat Probleme, den eigenen Tod anzunehmen, sehnt sich aber nach völligem Erlöschen. Die philosophischen und theologischen Gespräche sind von wechselnden Gefühlen der Skepsis, der Hoffnung, der Verzweiflung, aber auch der Zuversicht geprägt. Es geht unter anderem um Fragen der Gerechtigkeit und der Identität. Dabei bedient sich die temperamentvolle Gertrud auch alltagssprachlicher Wendungen, so dass sich dieser Ausflug quasi ins Vorzimmer des Jenseits relativ flott lesen lässt. Die kurzen Texte der zwei Akteure sind zur Orientierung in verschiedenen Schrifttypen gesetzt. Es lohnt, diesen "Kulturspiegel" zu lesen und sich zusammen mit den beiden Figuren Gedanken über den eigenen Tod hinaus zu machen.

Bernhard Grabmeyer

Bernhard Grabmeyer

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Warten auf

Warten auf

Sibylle Lewitscharoff, Heiko Michael Hartmann
Herder (2020)

208 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 601765
ISBN 978-3-451-39212-2
9783451392122
ca. 20,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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