Rätselhafte Offenbarung
In Zeiten einer Pandemie und anderer globaler Krisen erfährt die Geheime Offenbarung des Johannes eine immer größere Beachtung. R. Mucha gibt freilich der Versuchung nicht nach, aktuelle Geschehnisse in diesem biblischen Buch, das erst spät einen kanonischen Rang erhielt, bereits vorgezeichnet zu sehen. Für ihn ist die Kernaussage, dass Gott selbst im größten Unheil den Christen beisteht und das Böse nicht am Ende aller Zeiten den Sieg davonträgt. Diese Deutung ist nicht unbedingt neu, aber für viele heute sehr hilfreich. Unterlegt wird sie mit sehr interessanten Studien zur zeitgenössischen Umwelt des Johannes (etwa dem in Kleinasien dominanten Kaiserkult) und zu dessen Weltsicht, die durch ihre Schwarzweiß-Malerei und Fixiertheit auf Brutalitäten für uns nicht mehr so einfach nachvollziehbar sei. Daneben finden sich auch hochinteressante Beobachtungen, etwa zur Farbensymbolik des himmlischen Jerusalem, die wohl auch einen Kontrapunkt setzt zur verführerischen Kraft der dämonisch gedachten irdischen Mächte. Das Buch ist in einer leicht verständlichen, vielleicht manchmal sogar zu saloppen Sprache geschrieben, ermutigt aber auch den Leser dazu, über die interpretatorischen Vorgaben des Autors hinaus, sich meditativ auf die Geheime Offenbarung einzulassen.
Richard Niedermeier
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Rätselhafte Offenbarung
Robert Mucha
bibelwerk (2021)
256 Seiten : Illustrationen
fest geb.