Endspiel
Der Chefredakteur von "Dschod", dem einzigen unabhängigen Fernsehsender in Russland, der allerdings nur über das Internet zu empfangen ist, gibt intensive Einblicke in das politische, wirtschaftliche und mediale innerrussische Geschehen. Aus den Gesprächen mit vielen die Politik beeinflussenden, Putin beratenden hochrangigen Persönlichkeiten entwickelt er ein Bild von den Wandlungen des Präsidenten in den letzten 15 Jahren, das vom "Löwenherz" zum gegenwärtigen Image des "schrecklichen Zaren" reicht. Er beleuchtet Putins Entwicklung vom zunächst westlich orientierten Politiker, der, durch NATO-Osterweiterung, Georgienkonflikt und Orange Revolution in der Ukraine von den USA enttäuscht, zum harten, rigoros in den eigenen Reihen durchgreifenden Hardliner wird, und schildert u.a. dessen Rolle in der Ukrainekrise und bei der Besetzung der Krim. Dabei wird deutlich, dass hinter den russischen, insbesondere Putins Reaktionen keine langfristige Strategie steckt, sondern ein auf Ereignisse eingehendes instinktives Handeln. Sein schlechtes Image - so der Autor zum Schluss- ist "von seinem Gefolge, von den Partnern im Westen und den Medien" ohne sein Mitwirken erdacht worden. - Das Buch ist ein Ereignis, weil noch nie solch aufschlussreiche Fakten über den inneren Machtzirkel Russlands und die handelnden Personen an die Öffentlichkeit gelangten. Sehr zu empfehlen.
Helmut Eggl
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Endspiel
Michail Sygar
Kiepenheuer & Witsch (2015)
394 S.
kt.