Die blaue Gitarre

"Nennt mich Autolykos. Oder nein, lasst's sein. Obwohl ich bin wie dieser unspaßige Clown, einer, der Kleinigkeiten mitgehen lässt, um die sich keiner kümmert." Mit diesen Worten stellt sich der Erzähler Oliver Otway Orme in John Banvilles Roman Die blaue Gitarre vor. Doch er ist nicht nur passionierter Dieb, sondern auch Ex-Maler, den die Inspiration verlassen hat. Und er hat eine Geliebte, Polly. Kennengelernt hatte er sie bei einem Picknick zu viert. Wie sich später herausstellt, hatten seine Frau Gloria und sein Freund Markus damals auch ihre "Seelenverwandtschaft" entdeckt. - Der Romantitel verweist auf das Motto aus einem Gedicht von Wallace Stevens, dessen zentrales Thema das Verhältnis von Realität und Imagination ist. So liegt der Fokus des Romans nicht auf der Handlungsebene, sondern bei der Figur. Der Erzähler ist selbstbezogen und lethargisch, ein passiver Beobachter und spitzfindiger Erkunder seiner Empfindungen. Er fabuliert in einer wunderbar ausufernden Sprache und mäandert in geschwätzigem Ton durch seine Geschichte. In augenzwinkernder Selbstreferenzialität schreibt er seine Gedanken in einem "Traktat über die Liebe" auf und kommt zu dem Schluss, jegliche Liebe sei Eigenliebe. - Ein unterhaltsamer Roman mit tragischer Dimension und Selbstironie. (Übers.: Christa Schuenke)

Karin Blank

Karin Blank

rezensiert für den Borromäusverein.

Die blaue Gitarre

Die blaue Gitarre

John Banville
Kiepenheuer & Witsch (2017)

350 S.
fest geb.

MedienNr.: 591552
ISBN 978-3-462-05025-7
9783462050257
ca. 22,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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