Tod in der Bibliothek

Bei diesem ersten Band einer neuen Krimireihe handelt es sich um einen recht klassisch angelegten "Whodunit": Der unter dem humorigen Pseudonym JB Lawless schreibende Autor lässt seinen Helden, Detective Inspector St John Strafford im Winter 1957 Tod in der Bibliothek zum ländlich gelegenen Herrenhaus der Familie Osborne reisen. Dort liegt Father Tom in der Bibliothek, erstochen und kastriert. Ein Einbruch kann ausgeschlossen werden, der Täterkreis beschränkt sich also auf die im Haus lebenden Personen. Ein sehr heikler Fall, an dessen Aufklärung dem überaus einflussreichen Erzbischof so gar nicht gelegen ist. So bleiben Strafford nur die Gespräche mit allen, die den Priester kannten. Allmählich entsteht ein entsetzliches Bild, das auf eindeutig homosexuelle und pädophile Neigungen Father Toms schließen lässt. - Der Krimi spielt hauptsächlich im (ländlichen) Irland der 1950er Jahre. Die religiösen Auseinandersetzungen sind noch präsent und Standesdünkel prägen die Gesellschaft. In bemerkenswert eindrücklicher Weise schafft der Autor eine Atmosphäre, wie sie winterlicher, kälter, dunkler und altmodischer kaum sein könnte. Die Figuren wirken nicht nur auf den Inspektor wie überspannte Darsteller, sondern er selbst wirkt seltsam blass und leidenschaftslos. Nur ansatzweise streifen ihn Gefühle und er hegt, obwohl durchaus attraktiv und gebildet, starke Selbstzweifel. Insgesamt eine buchstäblich merkwürdige, ungewöhnliche, aber, wie ich finde, interessante Geschichte, die den gängigen Krimigeschmack allerdings nicht treffen dürfte.

Barbara Nüsgen-Schäfer

Barbara Nüsgen-Schäfer

rezensiert für den Borromäusverein.

Tod in der Bibliothek

Tod in der Bibliothek

JB Lawless ; aus dem Englischen von Elke Link
Kiepenheuer & Witsch (2019)

366 Seiten
kt.

MedienNr.: 598797
ISBN 978-3-462-05248-0
9783462052480
ca. 10,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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