Kinder an der Macht
Sind heute die Kinder an der Macht? Ja, meint David Eberhard und argumentiert gegen die von ihm identifizierten "monströsen Auswüchse liberaler Erziehung". Dabei vermeidet er in seinem gut verständlich geschriebenen Buch leider weder Wiederholungen, noch stark verkürzende Darstellungen der von ihm kritisierten Positionen, wenn er gegen Bindungstheorie, Gleichwürdigkeit und Verzicht auf eine "Weil ich das sage"-Erziehung zu Felde zieht. Er kritisiert einerseits spezifisch schwedische Gegebenheiten des staatlichen Kindergarten- und Schulsystems und identifiziert andererseits ein allgemeines Problem mit gelangweilten, halt- und grenzenlosen, lebensuntüchtigen Kindern verunsicherter, perfektionistischer Eltern. Ob dieses extreme Bild außerhalb der kinderpsychiatrischen Praxis des Autors in größerem Maße überhaupt anzutreffen ist, wird nicht nachgewiesen, sondern vorausgesetzt. Dieser pessimistische Grundton verhindert eine konstruktive Herangehensweise und verschärft Frontstellungen eher noch. Das ist schade, denn einige seiner Ansätze, wie etwa die Befreiung der Eltern von Versagensängsten, könnten durchaus hilfreich und entlastend sein. Insgesamt leider ein wenig überzeugender Titel.
Annette Jantzen
rezensiert für den Borromäusverein.
Kinder an der Macht
David Eberhard
Kösel (2015)
299 S.
fest geb.