Mr. Booker und ich

Der 2010 in Australien erschienene preisgekrönte Roman behandelt ein doppeltes Tabu: die sexuelle Beziehung eines verheirateten Mannes mit einer Minderjährigen, von ihr im reflektierenden Rückblick erzählt. Die 16-jährige Martha wartet darauf, dass sich in ihrem Leben etwas tut. Freundschaften mit Gleichaltrigen hat sie nicht. Ihre Mutter hat sich nur halbherzig von ihrem psychisch labilen Mann getrennt und lernt das Ehepaar Booker kennen, das fortan mit Stil (inklusive reichlich Alkohol und Nikotin) und geistreicher Konversation ihre und Marthas Welt bereichert. Mr. Booker beginnt eine heimliche sexuelle Beziehung mit Martha, die für sie fast zum Lebensinhalt wird, doch auf Gespräche über ihr und sein Gefühlsleben lässt er sich kaum ein. Die Menschen um Martha sind so damit beschäftigt, ihrem eigenen Unerfülltsein zu entfliehen, dass sie unfähig sind, der Heranwachsenden Orientierung oder Unterstützung zu geben. Oft ist sie es, die sich um Einfühlung bemüht und Rücksicht nimmt. Cory Taylor (1955-2016) zeichnet sie als sensible Beobachterin, die aber auch vieles in den Beziehungsgeflechten auf den Punkt bringt, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Lesenswerte Anfrage an die Verantwortungsbereitschaft und Aufmerksamkeit Erwachsener.