Seltene Affären

Peter Vordens gegenwärtiges Leben spielt sich an zwei Orten ab: wochentags im französischen Luxeuil, wo er ein Feinschmeckerlokal leitet (was in der Darstellung einen unnötig breiten Raum einnimmt) und an den Wochenenden in einem deutschen Provinznest. Seit er vor dreißig Jahren Anne, die Liebe seines Lebens, kennengelernt, aber zu Gunsten seines Zwillingsbruders Paul auf sie verzichtet hatte, lebt er unverheiratet und zufrieden mit wechselnden, nie tiefer gehenden Affären. Dies ändert sich, als eine neue Putzfrau vertretungsweise bei ihm sauber macht. Er sieht sie nur zweimal ganz flüchtig, aber wegen ihres spürbar werdenden Einfühlungsvermögens, ihres Geruchs und ihres heimlichen Interesses an seiner Person (z.B. an seinen schriftstellerischen Arbeiten ...) wird seine Erinnerung an eine kurze schuldbeladene Affäre mit Anne wieder wach. Diese hatte ihn, den eineiigen Zwilling, einst mit seinem Bruder verwechselt; er hatte die Verwechslung zugelassen und eine Liebesnacht mit ihr verbracht. In seiner Fantasie wird die junge Putzfrau zu einer zweiten Anne. In vielfältigen, ganz und gar realistischen Träumen kommen sie sich nahe. Diese romantische Fantasie endet, als die angestammte Putzfrau wieder ihr Amt antritt. Das Leben geht weiter. - Im Kern handelt es sich also um einen Roman von Liebe und Verzicht, der - nicht gerade zu seinem Vorteil - von der vergleichsweise banalen Gegenwartshandlung überlagert wird. Ein wenig verwundert überhaupt, dass der Autor bei all seiner Erfahrung den Leser allzu oft mit Belanglosigkeiten langweilt, statt Akzente zu setzen und die emotionalen Wende- und Höhepunkte stärker herauszuarbeiten. Nur streckenweise vermag der Roman des bekannten Autors zu fesseln.