Wir Angepassten

Der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Roland Jahn, wurde 1982 wegen "staatsfeindlicher Aktivität" in der DDR verhaftet und ein Jahr später gegen seinen Willen aus dem Land gebracht. Mit Blick auf diesen Lebensweg könnte man ihn als Widerstandskämpfer Wir Angepassten bezeichnen. Trotzdem heißt es im Titel seines neuesten, autobiographischen Werks: "Wir Angepassten". Doch ein Widerspruch ist dies nur oberflächlich betrachtet. Schließlich hat es ein klares Dafür oder Dagegen nicht gegeben. Anhand seiner eigenen Erinnerungen und vielen Anekdoten von Freunden schildert Jahn das Leben in der Diktatur in einem ständigen Wechsel zwischen Anpassung und Widerspruch. Die subjektiven Schilderungen verdeutlichen, dass zwischen Mitmachen und Widerstand gar keine so große Spanne liegt, denn oft entschieden Kleinigkeiten über den eigenen Werdegang. Daher ist auch die Verurteilung in Mitläufer oder gar Täter oft vorschnell getroffen. Das Buch fordert eine größere Sensibilität im Umgang mit Biographien aus dieser Zeit. Denn vieles war "freiwilliger Zwang" (S.122) und müsse im jeweiligen Kontext betrachtet werden. - Ein Viertel-Jahrhundert nach der Öffnung der Grenzen leistet dieses Buch einen, zum Teil sehr persönlichen Beitrag zum besseren Verständnis des Lebens in der DDR.

Sebastian Heuft

Sebastian Heuft

rezensiert für den Borromäusverein.

Wir Angepassten

Wir Angepassten

Roland Jahn
Piper (2014)

189 S.
fest geb.

MedienNr.: 579719
ISBN 978-3-492-05631-1
9783492056311
ca. 19,99 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Ge
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