Cyril Avery

Cyril Averys Leben steht von Anfang an unter keinem guten Stern: Seine Mutter bringt ihn mit knapp 16 Jahren das Kind unehelich zur Welt. Im streng konservativen Irland der 40er Jahre des 20. Jh. gibt es kaum etwas Schlimmeres. Cyril wird deshalb zur Cyril Avery Adoption freigegeben. Im Internat stellt der Junge fest, dass er homosexuell ist, was in Irland zu dieser Zeit ein strafbares Delikt ist. Da sein bigottes Heimatland mit seiner Doppelmoral ihm keine nennenswerten Chancen für ein halbwegs gutes Leben bietet, wandert Cyril in den 70er Jahren in das liberale Holland aus. Hier kann sich der junge Mann endlich zu seiner Homosexualität bekennen. In den 80er Jahren geht Cyril in die USA, und hier erlebt er erneut, wie - vor dem Hintergrund der aufkommenden AIDS-Hysterie - Homosexuelle wie Aussätzige behandelt werden. Erst mit knapp 70 Jahren kehrt Cyril in seine Heimat Irland zurück, in der nun ein liberalerer Geist herrscht. Und hier findet er schließlich auch seinen Seelenfrieden kurz vor dem Tod. - Auf weit über 700 Seiten beschreibt der Autor das wechselvolle Leben seines Helden in epischer Breite, ohne auch nur eine Zeile langweilig zu sein. Der Roman ist moderner Schelmenroman und Sittengemälde, Bildungsroman und Manifest für mehr Toleranz gegenüber Menschen, die für viele nicht der herrschenden Norm entsprechen, Heimatroman im positiven Sinne des Wortes und ein Stück literarischer Zeitgeschichte. Dabei schreibt Boyne alles andere als verbissen anklagend. Sein Stil strotzt vor Humor, auch und gerade, wenn er Doppelmoral und Unmenschlichkeit anprangert. Ein ausgezeichnetes Buch, das jeder Bücherei nur zu empfehlen ist. (Übers.: Werner Löcher-Lawrence)

Günter Bielemeier

Günter Bielemeier

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Cyril Avery

Cyril Avery

John Boyne
Piper (2018)

732 S.
fest geb.

MedienNr.: 880647
ISBN 978-3-492-05853-7
9783492058537
ca. 26,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
Diesen Titel bei der ekz kaufen.