Niemand weiß, dass du hier bist

Lorenzo aus der italienischen Kolonie Libyen wird von seiner Mutter zu Großvater und Tante nach Siena gebracht, weil sein Vater an die Front in der Sahara geschickt wird. Er freundet sich mit Franco an, dem Sohn des benachbarten Ladeninhabers, verinnerlicht die gepredigten Ideale und gliedert sich in die faschistische Jugendorganisation ein. Nebenbei lernt Lorenzo den jüdischen Jungen Daniele Neri kennen. Nach dem Sturz von Mussolini werden die Deutschen von Bündnispartnern zu Besatzern in Italien und beginnen die integrierten Juden Italiens abzutransportieren. Lorenzo beschließt kurzerhand, Daniele in seinem Dachstübchen zu verstecken. Sieben Monate lang schafft er es, ihn mit Essen zu versorgen. Unentdeckt, wie er glaubt. Er lässt sich auch zu einem Abenteuer mit Partisanen hinreißen und muss innerhalb von zwei Tagen alle Schrecken und Gräueltaten dieser Zeit aus nächster Nähe erleben. - Wie die Autorin in ihrem Nachwort schreibt, ist der Roman eine Kompilation dessen, was sie von Augenzeugen und aus Archivalien über die letzten Jahre des Zweiten Weltkriegs in ihrer Geburtsstadt erfahren hat. Fein herausgearbeitet hat sie dabei, aus welchen Motiven Menschen auch in der Niedergangsphase fanatisch den faschistischen Idealen anhingen, wie manche sich dagegen schon früh distanzierten. Und sie zeigt Menschlichkeit auf: bei dem deutschen Offizier, der Daniele vom Sammelplatz wegjagt; bei der Nachbarin, die sehr wohl mitbekam, dass Lorenzo für eine versteckte Person Nahrungsmittel zu ergattern versuchte; bei dem Pfarrer, der einen schwer verletzten Partisanen als vermeintlichen Toten zur medizinischen Versorgung schaffen half ... Der Blick in die menschliche Seele macht dieses Buch lesenswert!