Die wir liebten

Edgar und sein älterer Bruder Roman leben in einem Dorf in der Nähe von Mönchengladbach mit ihren Eltern, der Großmutter und zwei älteren Verwandten. Roman ist der Mutige, der Draufgänger und Aufsässige, der die Schwächen der Erwachsenen bis Die wir liebten hin zu ihrer nationalsozialistischen Vergangenheit sehr gezielt angreift. Als Edgar elf Jahre alt ist, weckt ein gemeinsam ausgeführter Streich die Aufmerksamkeit des Jugendamts. In dieser Zeit bekommt die Familie Risse, die sich nie wieder kitten lassen: Der Vater verliebt sich und verlässt die Familie, die Mutter wird alkoholabhängig. Als die Brüder 15 und 16 Jahre alt sind, erwirkt die Jugendamtsmitarbeiterin, unterstützt vom Ortspolizisten, die Einweisung in das von Nonnen geführte Erziehungsheim, das nur wenige Kilometer vom Heimatort entfernt ist und dessen Name für die Kinder ein Drohwort ist. In diesem Heim werden die Jugendlichen und Kinder mit brutaler Gewalt und erniedrigenden Strafen behandelt. Die beiden Brüder entdecken, dass der amtierende Anstaltsarzt in der Zeit des Nationalsozialismus medizinische Experimente mit Kindern gemacht hat und bis heute fortführt. Es kommt zu einem von Roman geplanten Showdown, bei dem die Brüder entkommen und untertauchen. Erzählt aus der Perspektive des jüngeren Bruders mit feinem Gespür für den äußeren und inneren Zustand der Menschen zeigt der Roman das Auseinanderbrechen einer Familie in den 1970er Jahren, als nationalsozialistische Vergangenheit und Gedankengut sowohl im Dorf als auch im Erziehungsheim noch präsent sind. Sehr empfehlenswert, aber mit schockierenden Szenen.

Ruth Titz-Weider

Ruth Titz-Weider

rezensiert für den Borromäusverein.

Die wir liebten

Die wir liebten

Willi Achten
Piper (2020)

378 Seiten
fest geb.

MedienNr.: 600699
ISBN 978-3-492-05994-7
9783492059947
ca. 22,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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