Die siebte Sprachfunktion
Paris 1980. Der französische Philosoph Roland Barthes wird nach einem Essen mit dem Präsidentschaftskandidaten Mitterand überfahren. Ein Manuskript, das der Tote bei sich hatte, ist verschwunden. Hatte Barthes mit dem Manuskript "Die siebte Sprachfunktion" praktische Anleitungen entwickelt, wie sich rhetorisch Wahlen gewinnen lassen? War der Unfall ein verschleierter politischer Mord? Kommissar Bayard und sein Assistent, ein mit philosophischen Strömungen vertrauter Geisteswissenschaftler, ermitteln in Hörsälen, Männersaunen und Cafés sowie in einem bizarren Geheimorden, dessen Mitgliedern bisweilen Finger abgehackt werden. Rasant wechselt der Roman die Schauplätze, von Paris geht es über Venedig in die USA. Auch bei Umberto Eco in Bologna kreuzen sie auf. Von ihm erhoffen sie sich Aufschluss über jene geheime Sprachfunktion, der alle hinterherjagen. "Wer diese Funktion kennt und beherrscht, wäre praktisch der Herr der Welt." Kein Wunder also, dass Geheimdienste, Politiker und Kriminelle hinter der Formel her sind. Reale Personen mischen sich mit fiktionalen, historische Ereignisse mit erfundenen Szenarien. Langatmige Beschreibungen von Partys der 80er Jahre mit Drogen und Strichern sowie ermüdende, sprachtheoretische Betrachtungen erschweren die Lektüre; damit kontrastieren wilde und blutige, an James-Bond-Filme erinnernde Actionszenen. Der Roman erfordert Vorbildung und Interesse an Semiotik. Man kann ihn auch als eine Art allgemein verständliche Einführung in die moderne Linguistik verstehen. Für speziell Interessierte eine amüsante Lektüre. (Übers.: Kristian Wachinger)
Ileana Beckmann
rezensiert für den Borromäusverein.
Die siebte Sprachfunktion
Laurent Binet
Rowohlt (2017)
523 S.
fest geb.