Der barfüßige Anwalt

Als Kleinkind erblindete Chen Guangcheng, fünfter Sohn einer armen Bauernfamilie, und wuchs wie viele Behinderte ohne Schulbildung in seinem abgelegenen Dorf auf. Erst mit 18 bot sich ihm die Chance, eine der wenigen Blindenschulen zu besuchen. Bildungsbeflissen Der barfüßige Anwalt schaffte er es im Laufe der Jahre bis zu einem Studium der traditionellen chinesischen Medizin, eine der wenigen Arbeitsmöglichkeiten für Blinde im Land. Doch seine eigentliche Berufung sah er darin, für die Rechte der Behinderten und der Landbevölkerung einzutreten und furchtlos örtliche Parteikader und staatliche Instanzen auf Einhaltung der oft nur auf dem Papier bestehenden Gesetze zu verklagen. Dies verschaffte ihm im Laufe der Jahre viele Kontakte und eine internationale Bekanntheit. Als er 2005 gegen eine brutale und frauenverachtende Kampagne zur Geburtenkontrolle in seiner Heimatprovinz Shandong zu Felde zog, wurde er endgültig zum Staatsfeind und erfuhr am eigenen Leib, wie gewaltsam, gesetzlos und repressiv die korrupten Staatsorgane gegen Systemkritiker vorgehen. Jahre der Haft und der Isolation und Kontaktsperre in seinem unter gewaltigem Aufwand abgeschirmten Wohnhaus schlossen sich an. 2012 gelang ihm die abenteuerliche Flucht in die amerikanische Botschaft in Peking und nach zähem diplomatischem Ringen durfte er schließlich mit seiner Familie in die USA ausreisen, wo er heute lebt. - Ein aufrüttelndes Schicksal, das besonders auch all denen zur Lektüre empfohlen sei, die von der Wirtschaftskraft und dem Fortschritt der kommenden Großmacht fasziniert sind und dabei die menschenverachtende Seite eines weiterhin diktatorischen und auf Machterhalt ausgerichteten Regimes übersehen.

Siegfried Schmidt

Siegfried Schmidt

rezensiert für den Borromäusverein.

Der barfüßige Anwalt

Der barfüßige Anwalt

Chen Guangcheng
Rowohlt (2015)

415, [16] S. : Ill. (farb.)
fest geb.

MedienNr.: 398178
ISBN 978-3-498-02415-4
9783498024154
ca. 19,95 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Ge
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