Ich bin ein Schicksal
Romy Hall, drogenabhängige Stripperin, Mutter eines kleinen Sohnes und Gelegenheits-Prostituierte, hat den Mann erschlagen, der sie stalkte, und ist zu zweimal lebenslänglich in einem kalifornischen Frauengefängnis verurteilt worden. Romys Erzählung wechselt vom Leben im Knast und Leben vorher "in Freiheit". Was ist für sie Freiheit in einem Leben ohne Geld, Bildung, Perspektive, Hoffnung? In der Haftanstalt müssen Frauen verschiedener Hautfarben und sozialer Schichten, ebenso wie Transgender-Häftlinge miteinander leben; es gibt strikte Regeln. Ganz anders als in "Freiheit", wo Regellosigkeit, Ausbeutung und Gewalt herrschen. Die in der Außenwelt erfahrene Gewalt setzt sich im Mikrokosmos Gefängnis durch Wärter und Insassinnen fort. Obwohl Romy mit einem Highschool-Abschluss eine Ausnahme darstellt, bietet sich ihr keine Möglichkeit, den Zirkel aus Gewalt, Drogen und sexuellen Übergriffen zu durchbrechen. Der typische Gefängnisalltag ist genau recherchiert und detailliert beschrieben am Beispiel der verschiedenen Häftlinge; es gibt Schmuggelgeschäfte, Schlägereien, Einsamkeit und Sinnverlust. Die Geschichte wird hauptsächlich aus der Perspektive Romys, aber auch abwechselnd aus der des sadistischen Polizisten Doc und des Sozialarbeiters und Lehrers Gordon unsentimental erzählt. Fazit: Eine Frau wie sie hat keine Chance. Eine erschütternde Geschichte über Frauen, die keine Chance im Leben haben, sehr detailliert berichtet, mit allen Grausamkeiten, die in einem US-Gefängnis und in einer von Drogen und Gewalt beherrschten Außenwelt herrschen. Die berechtigte Verbitterung über ein System, das in seiner Schutzfunktion versagt hat, wird deutlich. (Übers.: Bettina Abarbanell)
Ileana Beckmann
rezensiert für den Borromäusverein.
Ich bin ein Schicksal
Rachel Kushner
Rowohlt (2019)
395 S.
fest geb.