Der Fall Bramard

In der kargen Bergwelt des Piemonts lebt ein nicht minder wortkarger Menschenschlag. Hier ereignete sich vor 20 Jahren eine Serie von Ritualmorden an jungen Frauen, der als letzte auch die Frau des ermittelnden Kommissars Bramard zum Opfer fiel - seine Der Fall Bramard kleine Tochter bleibt verschwunden. All dies geschah just in dem Moment, als der Ermittler dem Täter dicht auf den Fersen war. Bramard, aus der Bahn geworfen, fängt an zu trinken, quittiert den Polizeidienst, kurz bevor sie ihn "rausgeschmissen haben" (S. 158), um schließlich eine Teilzeitstelle als Geschichtslehrer anzunehmen. Er leidet immer noch unter Schlaflosigkeit, kann keine Beziehung mehr eingehen und wird zum wortkargen Sonderling. 20 Jahre später erhält er einen Brief - offenbar vom Mörder - der ihn zwingt, die Spur erneut aufzugreifen. Mithilfe eines ehemaligen Kollegen und einer jungen, ausgesprochen ruppigen, aber raffiniert agierenden Polizistin gelingt es ihm, den Täter zu stellen, der sich am Ende selbst richtet. Der absichtsvoll verwirrend konstruierte Kriminalroman - mit viel Lokalkolorit und einer gehörigen Portion Gesellschaftskritik - wird abwechselnd aus der Perspektive Bramards und des Täters erzählt. Der Roman erfordert konzentriertes Lesen, denn der in Italien und mittlerweile auch bei uns sehr bekannte und mehrfach preisgekrönte Autor ist kein Freund epischer Breite, erzählt oft geradezu fragmentarisch, arbeitet mit versteckten Hinweisen, Leerstellen und Andeutungen und lässt so den Leser an der mühseligen Ermittlungsarbeit geradezu teilnehmen, die zu überraschenden Ergebnissen führt, auch wenn nicht alle Fragen geklärt werden. (Übers.: Barbara Kleiner)

Helmer Passon

Helmer Passon

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

Der Fall Bramard

Der Fall Bramard

Davide Longo
Rowohlt (2015)

317 S.
fest geb.

MedienNr.: 581765
ISBN 978-3-498-03938-7
9783498039387
ca. 19,95 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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