In Zeiten des abnehmenden Lichts

Wie die Sonne gehen auch Ideologien unter. Welche Verwüstungen sie zurücklassen, beschreibt Ruges in einer herrlich frischen Sprache verfasster Roman, der in einzigartiger Weise ideologiekritischen Witz mit der Melancholie verlorener, vergeudeter In Zeiten des abnehmenden Lichts Leben verbindet. Vier Generationen umfasst die episodenartig ausgebreitete Geschichte einer DDR-Familie, deren erste durch ideologische Verbohrtheit und nicht zuletzt durch die Launen des Schicksals in den Stand der sozialistischen Nomenklatura aufsteigt - ohne dabei allerdings ihre kleinbürgerlichen Attitüden aufzugeben -, bis die letzte abgestumpft sich in der bundesrepublikanischen Realität von Suff, Drogen und rechtem Milieu verliert. Die Buddenbrooks im real existierenden Sozialismus also, mit diesen nicht allein durch den Niedergang verbunden, sondern durch den Konflikt zwischen den Vorstellungen von Wirklichkeit und der nicht bewältigten Wirklichkeit selbst. Das verbietet eine klare Scheidung von Tätern und Opfern; aus einer anfänglichen Fehlorientierung, so schildert es Ruge, wird eine tiefe Orientierungslosigkeit, die Alexander, den todkranken Protagonisten der vorletzten Generation, hilflos in der Lebensgeschichte seiner Eltern und Großeltern suchen lässt. Mehr als bruchstückhafte Erinnerungen, gar Sinn erbringt diese Suche nicht. So bleibt nach dem Vorübergang der Systeme - auch das westliche erscheint fragwürdig - nur die Sehnsucht nach dem gelungenen Leben. - Unbedingt lesenswert. (Preisträger des Deutschen Buchpreises 2011)

Richard Niedermeier

Richard Niedermeier

rezensiert für den Sankt Michaelsbund.

In Zeiten des abnehmenden Lichts

In Zeiten des abnehmenden Lichts

Eugen Ruge
Rowohlt (2011)

425 S.
fest geb.

MedienNr.: 350708
ISBN 978-3-498-05786-2
9783498057862
ca. 24,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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