Camus

Der Existentialismus war in der Nachkriegszeit ein bürgerliches Schreck- und ein intellektuelles Reizwort. Albert Camus (1913-1960) galt als einer seiner bedeutendsten Vertreter. Das Buch der Hamburger "Zeit"-Journalistin Iris Radisch beleuchtet Leben Camus und Werk dieses Denkers des Absurden und der Revolte. Aus einem algerischen Armenviertel stammend, vaterlos, mit einer stummen, aber zeitlebens verehrten Mutter aufgewachsen, kam der hochbegabte Camus 1940 ins besetzte Paris. Hier schloss er sein erstes Meisterwerk ab, den Roman "Der Fremde", ein literarisches Dokument des transzendental obdachlos gewordenen Menschen, der weiß, dass er zwar manchmal im Café, aber "niemals in den endlosen Räumen des Kosmos" erwartet wird. Radisch liest Camus als heimatlosen "Fremden", als verlorenen Sohn, der die Wertegrundlagen seiner Zeit radikal überprüft und zuerst zu resignativen (in dem Essay "De Mythos des Sisyphos"), dann zu revoltierenden Entscheidungen (vor allem in dem Roman "Die Pest", 1947) kommt. Und als Liebhaber der Einfachheit und einer trotz zeitweisen Dandytums elementaren Beschränkung des Lebens auf Meer und Sonne. Besonders einfühlsam und umsichtig sind Radischs Kapitel über die Freund-Feindschaft mit Sartre, der den Nobelpreisträger Camus als "Cartesianer des Absurden" bezeichnete. Eine vorzügliche Biografie über einen radikalen europäischen Denker, spannend und einfühlsam geschrieben.

Michael Braun

Michael Braun

rezensiert für den Borromäusverein.

Camus

Camus

Iris Radisch
Rowohlt (2013)

349 S. : Ill.
fest geb.

MedienNr.: 389130
ISBN 978-3-498-05789-3
9783498057893
ca. 19,95 € Preis ohne Gewähr
Systematik: Li, Ph
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