Hitlers vergessene Kinderarmee
"Leidenschaftlich bekennt die Jugend, wir kapitulieren nie." Dieser Satz aus einer Rede des Reichsjugendführers Axmann am 26. März 1945, also sechs Wochen vor der Kapitulation Hitler-Deutschlands, zeigt den hemmungslosen Irrsinn und die gnadenlose Menschenverachtung des NS-Regimes, das 15- und 16-jährige Jungen als "Kanonenfutter und Auffüllreserve der Waffen-SS" in einen bereits verlorenen Krieg hetzte. Acht Betroffene - alle waren auf Schnelllehrgängen im Reichsausbildungslager im mährischen Bad Luhatschowitz in wenigen Wochen als "waffenfähig" gedrillt worden - schildern in einfachen Worten das unvorstellbare Grauen der letzten Kriegstage, ihr Schwanken zwischen soldatischem Eifer und Todesangst sowie ihre oft aussichtslose Überlebensstrategie in Flucht und Gefangenschaft. Besonders interessant ist - auch im Vergleich zu anderen genannten Personen (u.a. Grass, Tappert) -, dass beinahe alle teilweise aus Scham über ihre zwar unfreiwillige Verstrickung in die SS, vielfach jedoch aus Angst vor gesellschaftlicher Ausgrenzung ihre Erlebnisse in der Nachkriegszeit und auch danach verschwiegen und zu verdrängen versuchten. Gerade diese Zeitzeugenberichte über ein in der Allgemeinheit kaum bekanntes Kapitel des Zweiten Weltkriegs geben ein aufrüttelndes Beispiel einer ideologisch verführten und missbrauchten Jugend und appellieren an die hohe Verantwortung der Politiker, aber auch aller Bürger. - Sehr zu empfehlen, gerade auch für junge Leser!
Inge Hagen
rezensiert für den Sankt Michaelsbund.
Hitlers vergessene Kinderarmee
Harald Stutte ; Günter Lucks
Rowohlt-Taschenbuch-Verl. (2014)
rororo ; 63025
279 S. : Ill.
kt.