Der Ort

Ich-Erzähler Andreas blickt zurück auf die Zeit seiner Jugend in Friedberg, wo er sich 1983 als Fünfzehnjähriger zum ersten Mal verliebt hat. Diesen Moment erlebte er als einen Übergang. Mit einem Mal sind ihm alltägliche Gegenstände fremd, Der Ort haben nichts mehr mit ihm zu tun, weil seine Eltern sie für ihn ausgesucht hatten. Sein Ich spaltet er in einen Doppelgänger auf, den er einen "Dienst" versehen lässt. Das Ziel ist nicht, Katja näher zu kommen, auch nicht ihre "kultische Verehrung". "Das Ziel war vielmehr die mit einem solchen Kult einhergehende Veränderung meiner eigenen Person. Ich war dabei, ein Bild von mir zu entwerfen, das erste Bild meiner Wahl" (S. 105). Auf dem Weg zur Schule wirft er einen neuen Blick auf die Steine und Häuser der Straße. Haarklein werden seine Beobachtungen protokolliert. Stellvertretend für Katja vollzieht er eine "Hochzeit mit dem Ort", seinen Mauern und Treppen. So wird Friedberg durch die Aufladung mit dem Gefühl Katja gegenüber immer präsenter. - Der mit zahlreichen Preisen ausgezeichnete Autor Andreas Maier ist ein genauer Beobachter. Er lässt seinen Ich-Erzähler tief in sich hineinhorchen und innere Befindlichkeiten erspüren. Der vierte Teil seines Romanzyklus' "Ortsumgehung" (zul. "Die Straße", BP/mp 14/119) kann gerne allen Lesern empfohlen werden, die nicht nur auf eine vordergründige Romanhandlung Wert legen.

Karin Blank

Karin Blank

rezensiert für den Borromäusverein.

Der Ort

Der Ort

Andreas Maier
Suhrkamp (2015)

153 S.
fest geb.

MedienNr.: 784699
ISBN 978-3-518-42473-5
9783518424735
ca. 17,95 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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