Cherubinischer Staub

"Teilchen. Cherubinische Spuren", unter diesem Titel hat Christian Lehnert 2016 bei seiner Wiener Poetikdozentur die poetischen und religiösen Sprachrituale erkundet. Gemeinsam mit dem Notizenband "Der Gott in seiner Nuß" (2017) liefert der neue Cherubinischer Staub Lyrikband "Cherubinischer Staub" eine Fortsetzung dieses Projekts. Der Titel bekennt sich zum mystischen Erbe des Jacob Böhme und des Angelus Silesius. Doch Lehnert liest erstaunlich modern im Wörterbuch der Naturerscheinungen. Seine Lesezeichen für das gottgegebene Buch der Natur sind Daten, Orte und Zeiten, Baum- und Pflanzennamen - und immer wieder Existentialien wie "Muttersprache", "Erwachen", "Abschied", die in die Welt einbrechen und dann Wortgestalt und poetische Form gewinnen. Herausragend sind die Gedichte über die Heiligen Drei Könige, schweigsame Auswanderer, aber auch die "Passions-Salve" an Christi Hände und postbarocke Gedenkblätter wie die Frage, warum "GOtt" (den Lehnert wie Luther mit unterscheidender Binnenversalie schreibt) vom Tod "so ungewiß verstellt" ist. Andächtige, bildintensive, denkreiche Texte, epigrammatisch, als Sonett, als Langgedicht, Christian Lehnert ist auf der Höhe seiner religiös inspirierten Kunst. Für alle Bestände.

Michael Braun

Michael Braun

rezensiert für den Borromäusverein.

Cherubinischer Staub

Cherubinischer Staub

Christian Lehnert
Suhrkamp (2018)

104 S.
fest geb.

MedienNr.: 595360
ISBN 978-3-518-42819-1
9783518428191
ca. 20,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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