Schottland und andere Erzählungen

Ulf Erdmann Ziegler gilt als unerschrocken postmoderner Cineast unter den Erzählern, der seine Figuren leben lässt wie im Film. Nun gibt es, nach zwei Romanen, einer "Autorgeografie" und feuilletonistischen "Gedankenklötzen", einen Band mit Erzählungen. Schottland und andere Erzählungen Sie reizen Stil- und Themenvirtuosität des Autors aus: schnittig erzählt, präzise beobachtet, auf Empathie und zugleich Ironie zielend (was freilich nicht immer gutgeht). Im schottischen Dundee lässt Ziegler eine junge Tänzerin beobachten, wie sich die Inselnation spaltet; eine fantastische Brexiterzählung. In Hamburg strandet ein radikalisierter Tierschützer. Ein Kameramann, seines Berufs schon müde, studiert in Berlin Psychologie und entdeckt das auswendig lernende Lesen als Abenteuer. Was die Figuren umtreibt, ist die Sehnsucht nach Erkenntnis, doch ihre Einsichten erzeugen wiederum unerfüllte Sehnsüchte, die Lektüren prägen das Leben und umgekehrt, die Homecineasten und Alleinstreamer verlassen ihre Hieronymusklause und kehren wieder in die Einsamkeit zurück: ein Kreislauf, der sich auch im Netzwerk der 14 Geschichten des Bandes wiederfindet. Geschichten über Nähe und Ferne, Verlust und Rettung, Erkenntnis und Sehnsucht, zugreifend erzählt, bewegt und bewegend. Für größere Bestände.

Michael Braun

Michael Braun

rezensiert für den Borromäusverein.

Schottland und andere Erzählungen

Schottland und andere Erzählungen

Ulf Erdmann Ziegler
Suhrkamp (2018)

189 S.
fest geb.

MedienNr.: 595362
ISBN 978-3-518-42826-9
9783518428269
ca. 22,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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