Lästige Liebe

Die 45-jährige Delia erwartet ihre Mutter in Rom. Dort kommt diese aber nicht an; Delia muss erfahren, dass ihre Mutter ertrunken an einem Strand gefunden wurde. Zur Beerdigung reist sie nach Neapel, der verhassten Stadt ihrer Kindheit. Sie will den Lästige Liebe Tod der Mutter, will überhaupt verstehen und taucht ein in ihre Vergangenheit. Der Roman ist das Debüt von Elena Ferrante, der Autorin der Neapel-Saga (zul. "Die Geschichte des verlorenen Kindes", BP/mp 18/401). Sie lässt darin ihre Protagonistin und Ich-Erzählerin Delia durch Neapel irren, auf den Spuren ihrer Kindheit, immer wechselnd zwischen gegenwärtigen und vergangenen Impressionen, Erinnerungen und Realitäten, was nicht immer leicht zu unterscheiden ist. Überhaupt wirkt das Erzählte fiebrig, bildreich, träumend, schonungslos, schockierend, leidenschaftlich und verstörend. Mit bemerkenswert psychologischem Gespür wird nach und nach das eigentliche Verhältnis zur Mutter deutlich, das in seiner ganzen Komplexität Delias ureigene frühkindliche Erfahrungen widerspiegelt: Liebe, Hass, Angst, Eifersucht, Zärtlichkeit und Gewalt. Das Kind erfährt Entsetzliches und macht sich seinerseits schuldig. Besonders bemerkenswert scheint mir der Schluss in seiner fast plötzlichen, melancholischen Gelassenheit: Delia erkennt, dass sie ihre Mutter nie wird wirklich verstehen können, so vieles in ihrem, im Leben überhaupt bleibt rätselhaft und unklar. Es scheint nicht mehr wichtig; sie hat sich selbst verstanden und kann sich und der Mutter verzeihen, sie findet und empfindet Liebe. Ein tief gehender, fesselnder, empfehlenswerter Roman. (Übers.: Karin Krieger)

Barbara Nüsgen-Schäfer

Barbara Nüsgen-Schäfer

rezensiert für den Borromäusverein.

Lästige Liebe

Lästige Liebe

Elena Ferrante
Suhrkamp (2018)

205 S.
fest geb.

MedienNr.: 894622
ISBN 978-3-518-42828-3
9783518428283
ca. 22,00 € Preis ohne Gewähr
Systematik: SL
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